Gestern hatte ich meine Gedanken zu Schamtoleranz geteilt und berichtet, wie mich der Angriff einer Bekannten kalt erwischt hat. Deshalb konnte ich mir die letzten 24 Stunden dabei zusehen, wie ich mich selbst an den Haaren wieder aus dem Sumpf gezogen habe.

Nun, um ehrlich zu sein: das Erste, was ich mir Gutes getan habe, war, die Geschichte mit meinem Mann zu teilen. Er hat mir die Bestätigung gegeben, die mein eigener Selbstzweifel gerade nicht hergab. Das hat dem Zwischenfall seinen größten Stachel genommen.

Doch so ganz sauber war die Wunde noch nicht, das merkte ich heute. Es piekste und stach. Es tat immer noch weh. Ich reagiere auch noch immer tendenziell mit Depressionen (d.h. unterdrückter Wut) auf Abwertung, und es erfordert dann klare Entscheidungen meinerseits, um dagegen vorzugehen.

Schamtoleranz ohne Selbstfürsorge ist zum Ausbluten vorprogrammiert. Wenn wir nicht gut für uns sorgen und trotzdem die Altlasten der anderen auf uns zu nehmen versuchen, brechen wir irgendwann darunter zusammen. Selbstfürsorge ist entscheidend, das habe ich gerade wieder am eigenen Leib erfahren.

Auf meiner Suche nach Lösungen für toxische Scham habe ich lange geglaubt, ich könne die eine Methode finden, die zur Heilung führt. Doch mir wird immer deutlicher, dass es die nicht gibt. Es gibt Wegweiser, ganz klar. Grundregeln. Aber wie wir die mit Leben füllen, hängt stark von unserer Persönlichkeit ab.

Was bedeuten Selbstfürsorge und Selbstermächtigung für mich?

Ich habe in den letzten Jahren zunehmend gute Erfahrungen mit imaginären Verfahren gemacht. Fantasiereisen, auch geführte Meditiationen genannt, Autosuggestion in Form von positiven Glaubenssätzen, aber auch Energiearbeit.

So habe ich es mir etwa zur Gewohnheit gemacht, regelmäßig (1 bis 2 Mal am Tag) Reiki zu machen. Diese Energiearbeit kombiniere ich mit positiven Bildern und Vorstellungen. Dinge, die mich stark machen. So habe ich mir heute vorgestellt, dass die schmerzhafte Situation in meinem Herzen als Kurzfilm ablief, und dann habe ich versucht mir vorzustellen, dass sie sich auflöst.

In anderen Situationen hat diese Methode gut funktioniert. Doch diesmal erwies sich das Bild als ziemlich hartnäckig. Also habe ich andere, für mich kraftvolle Bilder und Vorstellungen zu Hilfe genommen. Eine Lichtkugel, die mich vor unerwünschtem Eindringen schützt. Wurzeln aus meinen Füßen, die bis in den Kern der Erde reichen – und aus denen ich meine Energie ziehe. Denn ich hatte mich gestern abend gefühlt wie ein geplatzter Luftballon.

Manche Menschen haben einen Bezug zu Schutzengeln. Die kann man ebenfalls herbeirufen. Oder ein Krafttier – für mich ist das ein großer, kuscheliger, starker Braunbär. Oder andere Menschen – reale oder eingebildete – die uns in der schwierigen Situation zu Hilfe eilen.

Selbstheilung

Ich habe heute morgen über eine Stunde mit Selbstheilung verbracht, und ich habe gemerkt, wie tief diese Wunde sitzt, an die die Person gerührt hat. Entsprechend viel habe ich „auffüllen“ müssen. Ich fühle mich noch immer verwundet, aber es geht mir besser.

Entscheidend war für mich auch, innere Grenzen zu setzen. Schamvolle Situationen haben die Tendenz, immer und immer wieder vor unserem inneren Auge abzulaufen. Doch diesen Gedanken oder Bildern sind wir nicht willenlos ausgesetzt. Es erfordert zwar etwas Übung und Beharrlichkeit, aber wir können lernen, innerlich Stopp zu sagen, wenn die Bilder sich wieder selbstständig machen.

Einfacher ist es oft, sich als Gegenmittel positive, schöne Bilder vorzustellen, bis die Düsterkeit endlich von uns ablässt. Je stärker wir in diesen positiven Bildern verankert sind, desto kraftvoller sind sie. Für mich ist es mein Lieblingsort und der knallblaue Himmel, der dort ist. Und so stelle ich mir dann beispielsweise vor, in dieses Blau eingewickelt oder davon durchgespült zu werden. Auch stellte ich mir vor, dass ein riesiger Magnet über mir schwebt, der alle Negativität aus mir rauszieht.

Quelle Vorstellungskraft

Schamheilung hat viel mit unserem Denken und unserer Vorstellungskraft zu tun. Wie wir mit uns selbst sprechen. Wenn du mit Scham zu tun hast: hör dir selbst genau zu, wie du mit dir redest! Und dann sag Stopp, wenn es unfreundlich, kritisch oder herabwürdigend wird.

Schamheilung bedeutet, vieles umzulernen, was tief, tief in uns verwurzelt – einprogrammiert – ist. Doch die Neurobiologie hat gezeigt, dass wir jederzeit neue Nerven- und Denkwege etablieren können. Es ist anfangs zwar ziemlich mühsam, wird aber leichter über die Zeit.

Lasst euch nicht entmutigen, wenn es mal nicht so gut klappt. Findet jemanden, der euch auf die Schulter klopft. Kocht euch selbst einen Tee oder gönnt euch eine bezahlte Massage. Ihr seid es wert, dass ihr euch das Beste zukommen lasst, was ihr finden könnt.

Selbstfürsorge ist Selbstheilung. Und aus Selbstheilung erwächst Selbstermächtigung.

Schamheilung heißt, den Blick von außen nach innen zu wenden. Ihr seid der Maßstab. Ihr bestimmt über euer Leben. Ihr wisst, was euch gut tut (oder könnt es herausfinden). Gestaltet es mit all eurer Kraft und gönnt euch nur das Beste.

Und das muss definitiv nicht teuer sein!

Ach ja, und PS: Ich habe eine Entgiftung begonnen. Denn wie es heißt, entgiften wir nicht nur unseren physischen Körper. Raus mit dem Scheiß! Er gehört dort nicht hin.